Die Implantattechnologie ist mittlerweile weit fortgeschritten. Wurden bisher Ersatzteile in Standardgröße gefertigt, so werden mehr und mehr individuelle Teile produziert. Einfach umzusetzen ist dies mit den Verfahren der additiven Fertigung. Da es sich bei den Bauteilen um Produkte handelt, die im menschlichen oder tierischen Körper eingesetzt werden, sind bei der Herstellung zahlreiche Kriterien zu erfüllen. Seinen Weg ans Ziel beschreibt ein kunststoffverarbeitendes Unternehmen aus der Schweiz.
Beim Freeformen dient eine Glasplatte als Grundplatte für den 3D-Druck
Mit dem Ziel, die Produktion von Medizinprodukten im validierten Additive Manufacturing (AM)-Verfahren für Kleinstserien bis hin zur Losgröße 1 umzusetzen, führte der schweizer Kunststoffverarbeiter Samaplast, St. Margrethen, im Jahr 2018 die additive Fertigung mit Freeforming und dem FDM-Druck ein. Bereits 2016 wurde mit der Produktion von Prototypen aus gehärtetem Stahl der Grundstein für diese Technologieeinführung im Unternehmen gelegt. Schritt für Schritt wurde sie auch ins Medical-Umfeld eingebunden.
Heute ist diese Technologie nicht mehr wegzudenken, denn sie hilft, Lösungen umzusetzen, die mit dem klassischen Spritzgießverfahren nicht möglich gewesen wären. Ein Vorteil, den das Prototypen-Verfahren mit sich bringt, ist die Reduktion des Risikos eines Projektmisserfolges, da durch diese Methode die Projektdurchlaufzeit und damit auch die Kosten stark reduziert sind. In der Projektphase können schon früh kritische Funktions-, Handlings-, aber auch Biokompatibilitätstests, zum Beispiel zur Zytotoxizität, an seriennahen Teilen durchgeführt werden.
Welche Voraussetzungen sind nun notwendig, um Produkte, die im Additive Manufacturing gefertigt sind, für Medizinprodukte oder sogar als Implantate einzusetzen? Am Anfang stehen natürlich die Beschaffung der Anlagen, das nötige Prozess-Know-how und eine effiziente Projektplanung. In weiterer Folge müssen die kritischen Einflussgrößen und deren Auswirkungen im Zuge einer Risikoanalyse entwickelt und Schritt für Schritt abgearbeitet werden.
Additive Manufacturing unter ISO Klasse 8
Voraussetzungen für AM Ein erster zentraler Punkt ist die AM-Fertigung im definierten Rahmen eines Managementsystem, das eine Zertifizierung nach DIN SPEC 17071 gewährleistet. Dabei müssen die Schnittstellen zur Medicalfertigung nach EN ISO 13485 beachtet und in ein ganzheitlich funktionierendes System überführt werden. Bei dem Hersteller findet dieser Schritt gegenwärtig statt und wird mit der Zertifizierung nach DIN SPEC 17071 bis Ende 2020 abgeschlossen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt sind die Rückstandsfreiheit und Biokompatibilität der Bauteile. Das durch die notwendigen Trägerplatten und -materialien entstehende Fehlerrisiko muss genau geprüft und gegebenenfalls ausgemerzt werden. Voraussetzungen dafür sind qualifizierte Maschinen oder kontrollierte Umgebungs- bedingungen wie ein Reinraum ISO 8. Außerdem ist es von Vorteil, bei den hochsensiblen Materialien und Trägerrohstoffen sehr eng mit den Herstellern zusammenzuarbeiten. Das betrifft beispielsweise resorbierbare Materialien oder Implantatrohstoffe. Bezüglich der Trägerplatten werden die besten Ergebnisse mit dem Ausgangswerkstoff Glas mit spezifischer Vorbehandlung erreicht.
Kritische Einflussgrößen und Rahmenbedingungen für die additive Fertigung von Implantaten
Sinnvoller Einsatz Auch der 3D-Druck ist nicht immer geeignet, auf Knopfdruck die Lösung oder sogar den Erfolg für jede Projekt-/Produktidee zu liefern. Wie bei anderen Technologien müssen sich die Verantwortlichen im Vorfeld die Frage nach Machbarkeit und Sinnhaftigkeit stellen. Das Unternehmen setzt aktuell den 3D-Druck bei folgenden Aufgaben ein:
• Designfindung → Entwicklung von Produktideen • Designoptimierung → Minimierung des Risikos • Materialfestlegung/-prüfung → Qualität • Produktionsunterstützung → biokompatible Handlingsysteme und Vorrichtungen in Leichtbauweise • Produktion der Werkzeuge → gedruckte WZ-Einsätze für Spritzgießformen • Prozessoptimierung → DoE als Basis für die Prozessvalidierung und den Prozessfreeze • Serienproduktion → GMP-konforme Herstellung von Medizinprodukten
Veterinär-Implantat aus Resomer
Umgesetzte Lösungen Neben zahlreichen Versuchen an bestehenden Medizinprodukten und Implantaten wurde ein Veterinärimplantat aus Resomer für Knochenzwischenstücke im AM-Verfahren unter Medical-Bedingungen realisiert und wird gerade in klinischen Tests geprüft. Hergestellt wurden weiterhin PCU-Rückenimplantate, Y- und C-Platten, Schrauben aus Resomer, PEEK Cages und Cranial-Platten.
Außerdem wurde ein humanes Venenverschlusssystem aus Polylactide gefertigt, das aktuell beim Inverkehrbringer mit vielversprechenden Rückmeldungen die Testphase durchläuft. Dieses Produkt additiv zu fertigen, ist eine interessante Alternative zum Spritzgießverfahren.
Erfolgreich umgesetzt wurde auch die Weiterentwicklung eines bereits zugelassen und am Patienten mehrfach eingesetzten PCU-Rückenimplantats. Nach diversen Optimierungen soll es nun im AM-Verfahren hergestellt werden. Grundlegende Funktions- und Langzeit-Festigkeitstest, wie Zug-/Drucktests und dynamische Test, wurden bereits durchgeführt und erfolgreich abgeschlossen.
Da das Fertigen von kleinen Stückzahlen mittels 3D-Druck für diese Implantate Vorteile beim Herstellen und in der medizinischen Anwendung mit sich bringt, wurde beim Kunststoffverarbeiter das Ziel ausgegeben, diese Implantate künftig komplett im 3D-Druck herzustellen. Die größte Herausforderung dabei ist, die Implantate im 3D-Druck wirtschaftlich in Serie herzustellen.
Produktidee lumbles PEEK-Cage als Ersatz für Bandscheiben
Firmenprofil Hochwertigste Kunststoffprodukte und Samaplast – das gehört untrennbar zusammen. Und zwar seit über 60 Jahren. Was wir an unserem Standort in St. Margrethen/SG produzieren? Kunststoffspritzgussteile, Medizinalteile und Implantate. In allerhöchster Güte.
Alles aus einer Hand SAMAPLAST AG betreut Sie von der Entwicklung Ihres Produktes bis zur Serienfreigabe in den Bereichen Produktentwicklung, Anwendungstechnik und Fertigungstechnik. Wir erstellen Muster und Prototypen, übernehmen die Artikel- und Werkzeugkonstruktion und die Herstellung.
Ausserdem fertigen wir Kunststoffspritzgussteile und die Baugruppe inklusive aller notwendigen Nacharbeiten bis hin zur Endverpackung ausserhalb und im Reinraum.
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